Es geht um die Wurst – Die blutige Profession des Marcus Benser

Honza Klein

Am schmucklosen Neuköllner Karl-Marx-Platz an die Schönheiten von Brasiliens Stränden zu denken, diese Assoziation ist doch etwas schwierig. Aber genau das ist es, was mir Marcus Benser, fast zum Beginn unseres Gespräches erzählt. „Mein Opa hat immer zu mir gesagt: Junge nimm unbedingt brasilianischen Pfeffer. Du siehst doch bei den Frauen an der Copacapana, was das bewirkt.“ Benser hat sich an dieses Ratschlag seines Großvaters gehalten. Gut so! Bereits drei Mal hat ihn die französische Confrérie de Chevaliers du Goute Boudin zum Ritter der Blutwurst geschlagen. Ein Titel, den übrigens auch Paul Bocuse bereits verliehen bekam. Bei einem Wettbewerb, bei dem bis zu 600 Teilnehmer um die Ehre kämpfen.
Damit ist gesagt, was Bensers Profession ist: Er ist Fleischer. Bei seinem Lieblingsprodukt kann man wohl mit Fug und Recht anfügen Vollblutfleischer.
Dabei sollte der Junge aus Weimar, dessen Vater, Großvater, Urgroßvater dieses Handwerk ausübten mal ganz etwas anderes, oder wie sein Vater meinte, etwas besseres werden. „Mein Vater wollte nicht dass ich Fleischer werde und so musste ich eine Banklehre machen.“ Das tat Benser auch. „Genau bis zu dem Tag als ich meine Zeugnis bekam.“ Er hatte wohl doch das Fleisch- oder eben Blutgen in den eigenen Adern. In Berlin begann er seine Lehre und schon nach zwei Jahren – 15 Jahre ist das nun her – übernahm er das Geschäft, weil sein Lehrmeister in den Ruhestand ging. Wie viele Blutwürste Benser seitdem gefertigt hat, vermag er nicht zu sagen. „Ich habe das nie nachgerechnet. Zurzeit sind es 700 täglich.“ Ein wenig irritiert mich, dass er mit alles ganz freimütig zeigt und erklärt. „Zuerst Schrippen, Zwiebeln, Speck zerkleinern und natürlich mit Schweineblut vermengen. Dazu kommt der besagte brasilianische Pfeffer und Thüringer Majoran. Das ist wichtig weil die beiden Gewürze besonders viele ätherische Öle enthalten. Diese sind wichtig als Geschmacksträger. Anderer Majoran oder anderer Pfeffer wären zwar billiger aber eben nicht so gut“, so Benser. Dazu kämen noch Nelken aus Sansibar, Muskat aus Tunesien und… Tja und eben da lacht Benser nur noch. „Der Rest bleibt mein Geheimnis.“ Und so sehr ich mich in der Fleischerküche auch umschaue, ich kann nichts entdecken. Aber egal. Das Ergebnis zählt. Dieses wird in zwölf bis 15 Meter lange südamerikanische Rinderkranzdärme gefüllt und zu kleinen Würsten portioniert. „So geht das Tag für Tag“, sagt der Meister. Als ich wissen will ob das nicht langweilig wird, schaut er nur ungläubig. „Nein aber wir machen hier ja auch noch andere Würste und verarbeiten Fleisch. Außerdem habe ich den Beruf eben wirklich im Blut.“ Er selbst isst übrigens ein Mal pro Woche Blutwurst. „Ich mag sie am liebsten gebraten mit Sauerkraut und Kartoffeln.“ Aber auch Fisch steht ganz oben auf der Lieblingsspeisekarte des Fleischers. Ebenso wie Milchreis. Gern probiert er auch die Kreationen der vielen Spitzenköche die er mit seiner Wurst beliefert. Etwa die Blutwursttaler von Kolja Kleeberg oder die Variante von Marco Müller, der jüngst den Papst bekochte. Sogar bei Käfer in München und auf Sylt findet man die blutige Spezialität aus Neukölln. „Vielleicht trage ich mit meinem Produkt ja ein wenig zum Erfolg der Köche bei“, sagt er nicht ohne stolz.
Benser ist jetzt 37 und wie gesagt schon seit einigen Generationen im Beruf. „Ich habe drei Kinder und in den Ferien haben die beiden Großen hier schon mal rein geschnuppert.“ Um die Zukunft der Blutwurst muss man sich wohl keine Sorgen machen….

2018-03-21T13:23:43+01:00